Souverän? Vertrauenswürdig? Gewinnend? Überzeugend? Wir nehmen einander vor allem nonverbal wahr, über Körpersprache und: Über den Klang der Stimme. Das Ohr gewinnt blitzschnell einen Eindruck von einer Person, genau wie das Auge. Es entscheidet mit über „Diese Person mag ich!“ oder „Ich mag sie nicht.“
Wenn wir eine Stimme als angenehm empfinden, hören wir gerne zu und nehmen die Inhalte gerne auf! Unbewusst imitieren wir die Befindlichkeit des Sprechers: Psychorespiratorischer Effekt nennt sich dieses Phänomen.
Klingt eine Stimme hingegen eng, schrill, belegt oder angestrengt, so werden die Gesprächspartner sich unwohl fühlen: Eng im Hals, wenig Luft, es kommt sogar vor, dass sie sich räuspern.
Fließt die Stimme weich, klangvoll und unangestrengt, so überträgt sich dieses Wohlgefühl auf die Zuhörer: „Was sich für mich gut anfühlt, das höre ich gerne…“
Die Stimme erzählt, wie es uns geht
Über den Klang der Stimme bekommen wir, nonverbal, jede Menge an höchst persönlicher Information über die Sprecherin oder den Sprecher. Telefonieren Sie beispielsweise mit Ihrer besten Freundin, werden Sie nach den ersten Worten bereits spüren, wenn etwas nicht stimmt.
Spricht eine Kollegin während des Meetings über ihre neue Idee einige Minuten lang piesig hoch und schnell – so werden Sie wahrscheinlich insgeheim auf die Pause warten oder verstohlen auf Ihr Handy schauen: Das Zuhören macht keine Freude. Wir sind darum nicht gerne Ohr oder Willens, uns auf die Idee einzulassen. So können wir auch nicht begreifen, dass diese Idee eigentlich sehr toll ist.
Stress ist hörbar
Bitte stellen Sie sich diese Situation vor:
- Sie haben eine Präsentation vorbereitet, Sie haben lange daran gearbeitet.
- Sie sind, in Eile, am Weg zur Arbeit.
- Sie wünschen sich, dass es gut wird, zwei Personen des Leading Teams werden anwesend sein.
- Ihr Herz klopft etwas schneller. Ihr Atem geht auch etwas schneller.
- Endlich sind Sie da, etwas spät, Sie betreten den Raum, begrüßen die Kollegen…
- Die Powerpoint? Okay. Sie legen los…
Wie klingt Ihre Stimme? Mühelos raumfüllend, weich und relaxed? Oder eher hoch und schnell oder gepresst und unter Druck?
Schon nach den ersten Sätzen wünschen Sie sich wahrscheinlich, dass es bald vorbei sein möge… es fühlt sich nicht gut an…kein Vergnügen, eher eine qualvolle Anstrengung.
Lockerheit bringt Ihre Stimme zum Klingen
Unter Freunden, wenn wir uns wohlfühlen, ist die Stimme meistens kein Thema: Sie fällt uns gar nicht auf, sie klingt und ist einfach da! Von alleine! Warum ist das nicht immer so?
In einer herausfordernden Situation wie oben beschrieben ziehen wir gern die Schultern hoch, legen die Arme nah an den Oberkörper an und machen die Bauchmuskulatur fest. Eine Schutzhaltung! Es könnte ja jemand eine unangenehme Frage stellen oder die Chefin hat was an der Präsentation auszusetzen…
Dieses Zuviel an Muskelspannung wirkt sich auf die Stimme aus, sie wird dadurch leise und klein. Meist strengen wir uns dann an und sprechen mit mehr Druck, so kann Heiserkeit entstehen! Stimmvibration breitet sich in gelöster Muskulatur und durch locker bewegliche Gelenke aus!
Das heißt: Gönnen Sie sich ein kleines Warm-Up bevor Sie in die Situation gehen!
- Dehnen und lockern Sie sich genüsslich
- Lassen Sie Ihre Schultern kreisen
- Massieren Sie Ihre Wangenmuskulatur – und:
- Dann gähnen Sie bitte!
- Machen Sie den Mund ein paarmal weit auf. Ihr Unterkiefer darf lockerlassen!
Die Stimme bleibt sonst hinter den Zähnen gefangen. - Sprechen Sie ein paar Sätze mit übertrieben großen Lippenbewegungen.
- Seufzen Sie zum Abschluss herzhaft HOOO und HAAA!
Über Ihre Wohlfühl-Stimmlage
Lockerheit und Beweglichkeit bringen Ihre Stimme zum Klingen, das ist ein wichtiger Faktor. Die Stimmlage, in der Sie sprechen, spielt eine ebenso wichtige Rolle! Was ich empfehle: Sprechen Sie in Ihrer Idealen Sprechstimmlage! Das ist der Bereich Ihrer Stimme, in dem Sie unangestrengt, ökonomisch und klangvoll sprechen können. Was meinen Sie, in welchem Bereich Ihres Stimmumfanges diese mühelose Wohlfühl-Stimmlage liegt? Sie liegt im unteren Drittel! Die gute Nachricht: Es ist ganz einfach, Sie zu erspüren!
So finden Sie Ihre Ideale Sprechstimmlage:
Legen Sie bitte Ihre Hände über Kreuz auf die Brust, etwas unter das Kehlgrübchen. Probieren Sie nun mal ein nachdenkliches „MMH, ÄHMM, das weiß ich nicht so genau, ÄHMM…“ sehr leicht und angenehm, das darf leise sein! Und jetzt sprechen Sie bitte ein zustimmendes „MHMM, stimmt.“
Spüren Sie die sanfte Vibration unter den Händen? Das ist sie schon, Ihre ideale Stimmlage! Was Ihr Körper hier von ganz allein brummt, liegt im Zentrum Ihrer sogenannten „Indifferenzlage“. Von hier aus sprechen Sie jetzt bitte ein „MHMM – Montag, MHMM – Dienstag, MHMM – Mittwoch, usw.“
Sie werden vielleicht bemerken, dass Ihre ideale Sprechstimmlage etwas tiefer liegt, als Sie gewöhnlich sprechen. Damit sind Sie nicht alleine: Viele Menschen sprechen etwas zu hoch und strengen ihre Stimme dabei unnötig an. Von hier aus darf Ihre Stimme frei in ihre Höhe und Tiefe klingen, wie der Inhalt es gerade braucht. Das Zuhause, das Zentrum, in das sie immer wieder zurückkehren soll aber in dieser Tonlage bleiben.
Besonders in herausfordernden Situationen, wie vorhin schon beschrieben, wo der Herzschlag etwas anhebt und wir schneller atmen, beginnen wir häufig schon mit dem ersten Satz zu hoch und zu aufgeregt zu sprechen. Am Weg ins Büro, im Auto, am Fahrrad oder im Gehen: Summen Sie, suchen Sie Ihren körpereigenen Brummton. Diese Übung kann man auch leise und unauffällig machen!
Es gibt unzählige Stimmübungen, bei denen wir lieber keine Zuseher haben möchten… aber das zärtliche Sich-Einstimmen in der Idealen Sprechstimmlage lässt sich sogar am Gang, am Weg ins Meeting machen. Sprechen Sie schon in dieser Stimmlage los. Diese kleine Selbstwahrnehmung wird Sie vor herausfordernden Situationen auch etwas beruhigen. Lockerheit also! Und die ideale Tonlage machen eine Stimme klangvoll. Was noch?
So verbessern Sie Ihr Stimmvolumen
Hören Sie sich selbst zu, wenn Sie sprechen! Warum, fragen Sie sich? Wir stellen uns unbewusst auf das Gegenüber ein! Das kann eine Gesprächspartnerin sein, 8 Kollegen im Meeting oder ein vielköpfiges Publikum. Wenn wir die Ohren aufmachen, mühelos und leicht, stellen wir uns akustisch auf den Raum ein. Den Raum nämlich, den wir gleich mit den anderen teilen werden, wenn wir mit der Rede, dem Unterricht oder der Präsentation beginnen. Vorher schon, Ohren auf für den Common Space! Ihre Stimme wird sich den Raum gerne nehmen. In einer Kirche oder einer Höhle lauschen wir meist begeistert dem Klang der eigenen Stimme. Weil es dort hallt, macht es besonderen Spaß. Dasselbe dürfen Sie in jeden Raum tun: Genießen Sie den Klang Ihrer Stimme. Lauschen Sie Ihren Worten! Dann werde es auch die anderen tun.