Bitte stell dir mal vor, du lädst das Kind deiner besten Freundin auf ein Eis ein: Paul, er ist drei Jahre alt und wirklich süß. Erdbeere und Schokolade, köstlich, er strahlt dich an: „Danke!“ Du selbst isst Vanille. Und was passiert dann? Das Eis fällt runter, auf den Gehsteig, oh. Paul weint.

Was machst du? Schimpfst du jetzt mit dem Kind? „Ja warum passt du denn nicht besser auf! Selber schuld! Wie blöd kann man sein!“ Nein? Du siehst, wie traurig Paul über sein eigenes Missgeschick ist und er tut dir leid? Reagierst du eher so:„Das passiert jedem mal, das kenne ich gut. Schau mal Paul, wir heben das jetzt auf und – nein, du kannst es nicht mehr essen, wir werfen es weg. Du bekommst ein neues Eis, komm!“ Eher so, ja? Genau.

Und wenn du selbst etwas nicht so toll hinbekommst wie erwartet, wie gehst du mit dir selber um? Ebenso so verständnisvoll und geduldig wie mit Paul?

Achte auf deine inneren Kritiker 

Mir fällt auf, dass viele meiner Kund:innen im Sprechatelier mit sich selber äußerst streng sind. Mit negativem Feedback für sich selbst wird nicht gespart! In einer Situation wird das besonders schmerzlich sichtbar: Sich selbst in einem Video sehen.

Nach einigen Stunden Einzelcoaching nehme ich gerne ein Video auf, damit mein Trainee sich mal selber sehen kann. Immer geht es dabei um die Anwendung konkreter Körpersprache- und Sprechtechnik-Tools in einer Dialog-Situation oder in einer Präsentation.

Ich zeige dem Trainee danach das Video mit der Bitte, mir im Anschluss zu sagen, was gut daran war, was ihm gefallen hat. Meistens kommen aber gleich mal kritische Äußerungen wie „Ich habe viel zu schnell gesprochen,“ oder „Also meine Hände, da habe ich aber sehr herumgefuchtelt!“ Oder „Ich sollte viel weniger wackeln.“ Ich wiederhole dann:  “Was war GUT daran?“ – „Ich habe undeutlich geredet.“ – „Was hast du gut gemacht, was hat dir daran gefallen?“  – „Ich stehe viel zu steif da.“ – Und so weiter!  Es braucht oft mehrere Anläufe, um überhaupt etwas Gutes an sich zu finden.

Ermutigen und loben – anstatt zu schimpfen

Mit den anderen sind wir meistens geduldiger als mit uns selbst! Wie ist das bei dir? Wenn du das gewünschte Ziel nicht erreichst, ein Projekt kein Lob bekommt oder du nicht befördert wirst?

Liebevoll mit dir selbst zu sein – das zahlt sich aus!
WEITERLESEN Selbstliebe! Warum ist sie so wertvoll für dich? Was gestreichelt wird, kann gedeihen.  Erfährt etwas Aufmerksamkeit, Hingabe und Geduld, wird es wachsen. Wenn etwas ohne Erwartung und ganz ohne Druck gepflegt und beschützt wird, das kann stark werden wie ein großer Baum. Einwände? „Jaaa, aber! Das spornt mich doch an!“ Nein, tut es nicht.

Ich habe lange als Schauspielerin gearbeitet. Auf Theaterproben sind Selbstbeschimpfungen ein Tabu. Wenn etwas nicht klappt – einfach nochmal probieren, einfach aufstehen und weitermachen. Negative Kritik macht uns klein, sie macht Angst vor Fehlern, sie lässt uns vorsichtig werden und nimmt uns Freiheit weg.

Gerade da, wo nicht gewertet wird, kommen kreative Überraschungen gerne von allein. Das können wir natürlich nicht erzwingen! Aber die Fenster dafür öffnen – indem wir über das eigene Missgeschick schmunzeln und es mit anderen teilen. Indem wir von vorne beginnen oder etwas mal so lassen und abhaken. Indem wir dazu stehen ohne uns zu schämen.

Immer super? Das gibt es nicht!

Hier zwei Tipps für dich, die Leistungsdruck reduzieren und Selbstliebe fördern

TIPP 1 Dein Sonnenheft

Nimm dir jeden Abend 5 Minuten Zeit, schreib dir auf, was alles schön war und was du gut gemacht hast an diesem Tag. Auch ganz kleine Dinge!

Hier ein Beispiel für dich:„Ich habe mir Zeit genommen, um mit Rita zu telefonieren, es geht ihr nicht so gut. Sie hat sich sehr darüber gefreut. Das war schön.“

Mach das drei Wochen lang, jeden Abend. Bitte beobachte, was sich verändert.

TIPP 2 Dein Atem

Er kann dir Selbstsicherheit schenken.  WEITERLESEN Und Gelassenheit. Offenheit und Geduld. Sie kommen von ganz alleine, wenn du lernst, deinen Atem wahrzunehmen. Ihm zuzuhören. Seine Bewegung frei zuzulassen.

So kannst du bewusst bei dir bleiben, auch in  schwierigen Situationen. Das Tolle daran: Der Atem ist immer da, er begleitet uns ein Leben lang. Er hält zu dir. Halte auch du zu dir. Genau so wie zu einem Kind, das du gern hast. Wie Paul zum Beispiel.

Spüre deinen Atem – eine Übung für dich  

Hier eine der Basic-Atemübungen, die ich sehr liebe: die Atemwelle. Sie lässt dich auf einfache Weise bei dir selbst ankommen.

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Ich würde mich freuen, dich kennenzulernen!

Liebe Grüße
aus dem Sprechatelier

von Eva